Der Dioxinwall ist überall

Beim Sodabuckel gilt eines schon immer: Je genauer man hinschaut, desto gefährlicher wird er. Jetzt hat die Stadtverwaltung einmal mehr Gutachter auf den eingezäunten Hügel geschickt. Die Fachleute sollten klären, wie die Kommune die Abfallhalde der ehemaligen chemischen Fabrik sichern lassen kann. Raus kamen drei Varianten, eine Empfehlung – und die Erkenntnis, dass der Sodabuckel vielerorts noch weit mehr mit dem Seveso-Stoff Dioxin vergiftet ist als auf dem Dioxinwall, der bisher als Belastungsschwerpunkt galt.

Die Werte liegen in der Spitze 58-mal höher als es in Gärten erlaubt wäre oder – ein Vergleich, der noch besser passt – ewa 290-mal höher als auf Kinderspielplätzen erlaubt. Der Sodabuckel war ja mal ein städtischer Kinderspielplatz. Vor allem die flachen Stellen sind betroffen in der Verlängerung des Alten Lorscher Wegs und entlang des Wegs zur Trimm-Dich-Strecke in Richtung Bürstadt. Der Buckel selbst ist weniger mit Dioxin belastet – dafür umso mehr mit Schwermetallen.

Die Gutachter diskutieren drei Varianten zur Sanierung

Die erste Variante: den Sodabuckel komplett wegschaffen.
Sehr großer Vorteil hier: Alle Gefahren wären langfristig gebannt.
Die Nachteile: Die Sache ist mit im günstigsten Fall 29 Millionen Euro nicht ganz billig – um nicht zu sagen: Für die Stadt wohl kaum zu bezahlen. Die Lastwagen würden zwei Jahre lang fahren, und es wären enorme Sicherheitsvorkehrungen nötig, damit es nicht staubt, während Bagger die verdreckte Erde abtragen. Den schon der Staub ist ziemlich gefährlich.

Die zweite Variante: den Wald auf dem Buckel fällen, die Gruben oben verfüllen und die steilen Hänge anschrägen, damit ein schöner Berg entsteht und das Regenwasser gut abläuft, Folie zur Abdichtung und etwa 1,30 Meter Erde drauf.
Vorteil: mit 7,5 Millionen deutlich billiger.
Größter Nachteil: Der Sodabuckel ist bisher untenrum mehr oder weniger zufällig dicht, es gelangen kaum Schadstoffe ins Grundwasser. Niemand weiß allerdings, ob das so bleibt. Die Folie oben soll verhindern, dass sickerndes Regenwasser Schadstoffe mit ins Grundwasser schwemmt – zumal die Bäume fehlen werden, die bisher Wasser aufnehmen. Allerdings ist nicht gesagt, dass nicht trotzdem Schadstoffe nach unten auf Wanderung gehen. Das Gutachten schweigt sich darüber aus, wie wahrscheinlich das ist – und ob als Absicherung dagegen eine horizontale Sohlabdichtung nötig ist. Statt einer gründlichen Auseinandersetzung ist in vier Zeilen schlicht etwas von „kostenintensiv“ zu lesen und von „fallspezifischen Anforderungen“. Hier sollte nachgebessert werden.

Die dritte Variante: Statt einer Folie sorgt eine spezielle Bodenmischung („Wasserhaushaltsschicht“) dafür, dass das Regenwasser nicht versickert und Schadstoffe mitnimmt.
Vorteil: mit 3,7 Millionen noch billiger.
Nachteil: gleicher wie in Variante zwei.

Der Projektbeirat prüft aktuell die Vorschläge der Gutachter. Danach werden wir eine detaillierte Stellungnahme veröffentlichen.

Aktuelle Gefährdung

„Die Altablagerung hat keine technische Oberflächenabdeckung, so dass trotz des weitgehend dichten Bewuchses Staubverwehungen nicht auszuschließen sind“, schreiben die Gutachter. „Weitgehend“ und „nicht auszuschließen“ klingt nicht gut. Die Stadt sagt, man messe, und die Werte seien in Ordnung. Diese Zuversicht teilen wir nicht.

Weitere Nutzung

Nun muss nicht nur entschieden werden, in welcher Variante saniert wird. Auch wie der Sodabuckel später mal genutzt werden soll, muss feststehen, bevor die Sanierung geplant wird. Denn wenn etwa wieder ein Wald wachsen soll, ist bedeutend mehr Auffüllerde nötig als die eingeplanten 1,30 Meter. Hier fehlen bisher Detailinformationen genauso wie zündende Ideen.