Sommerliche Überraschung beim Dioxinwall

Für eine sommerliche Überraschung in Sachen Sodabuckel sorgt die Lampertheimer FDP. Deren Stadtverordneten-Fraktion ist, wie sie sagt, „in intensiven Diskussionen“ wohl zur Erkenntnis gelangt, dass SPD-Fraktionschef Hans Hahn eine gute Idee hatte, als er im Ortsbeirat Bedenken vortrug gegen eine Umlagerung des Dioxinwalls auf die Mitte des Sodabuckels. Jedenfalls kündigt jetzt auch die FDP in einer Pressemitteilung, abgedruckt von der Lampertheimer Zeitung, an, sie wolle „diese Masse an hoch kontaminiertem Material nicht für alle Zeiten im Sodabuckel deponiert wissen“.

Derzeit gilt eine Lösung, die der Projektbeirat in vielen Gesprächen mit Stadt, Land und Sanierern mit ausgehandelt hat: Demnach kommt der hochgiftige Dioxinwall wesentlich früher als zunächst gedacht weg, nämlich zeitgleich mit der Sanierung der angrenzenden Buchenweg-Grundstücke im Jahr 2010. Dafür wird das belastete Material – wie später alles weitere Material vom Rand des Sodabuckels – in den oberen Teil des Sodabuckels gebracht und gesichert. Diese Lösung würde die Stadt nichts kosten, weil sich das Land andere, zunächst geplante Arbeiten sparen kann.

Nun also will die FDP stattdessen den Dioxionwall entsorgen lassen. Und auch andere Fraktionen scheinen nicht abgeneigt, wie der Südhessen Morgen zusammenträgt. „Wenn man sich das finanziell leisten kann, hat sicher niemand etwas dagegen, die dioxinbelastete Erde aus Neuschloß zu entsorgen“, zitiert Claudia Kölbl den CDU-Fraktionsvorsitzenden Walter Kirsch. Und sein SPD-Kollege Hahn erklärt: „Natürlich bin ich nicht dafür, dass die dioxinbelastete Erde dauerhaft auf dem Sodabuckel bleibt.“

So weit, so gut. Klar ist freilich: Eine solche Lösung wäre für die Stadt nicht mehr kostenneutral. Die Verwaltung geht davon aus, dass eine externe Entsorgung und Verbrennung des Dioxinwalls mit rund 416.000 Euro zu Buche schlägt. Dazu kommt das Geld für die komplette Umplanung, die Sanierer und Ingenieure erstellen müssten.

Die FDP ist übrigens der Meinung, die Lampertheimer Politiker hätten keinen Grund zur Eile. Ihr Lampertheimer Vorsitzender Thomas Bittner sagt laut Pressemitteilung: „Wir müssen nichts überstürzen, sollten aber jetzt schon die Pflöcke einschlagen, um eine für Lampertheim und Neuschloß wichtige zukunftsweisende Entscheidung zu treffen.“ Das ist bemerkenswert, denn der Vorschlag ist schon jetzt wenigstens zwei Jahre zu spät. Die Planung ist längst abgeschlossen. Und selbst nachdem der Projektbeirat im Februar 2007 die Stadtverordneten in einem Brief zum Handeln aufrief, schalteten sie sich nicht in die Verhandlungen über den Umgang mit dem Dioxinwall ein. Nun würden zusätzlich zur Entsorgung noch die Kosten für eine Umplanung anfallen.

Und vor allem: Es besteht die Gefahr, dass die Sanierer entgegnen, fürs Umsteuern sei es nun zu spät; der enge Zeitplan gerate durcheinander. Vor diesem Hintergrund davon zu sprechen, es gebe keinen Grund zur Eile – das, na ja sagen wir, verwundert.

Zusammengefasst: Die Idee aus den Reihen der Stadtverordneten kommt ziemlich spät, ist aber gut, und der Projektbeirat hätte nicht damit gerechnet, dass die Lampertheimer Politik erwägen würde, eine halbe Million Euro oder mehr für die Entsorgung des Dioxinwalls locker zu machen. Zumal es eine politische harte Auseinandersetzung war, bis die Stadtverordneten beschlossen hatten, dass die Versorgungsleitungen in den Neuschlößer Straßen in saubere Erde verlegt werden. Damals kam vor allem aus den Reihen der CDU die Frage auf, warum sollen wir für etwas Geld ausgeben, das wir nicht tun müssen. Der Projektbeirat nimmt freudig überrascht zur Kenntnis, dass auch die CDU nun offenbar anders denkt.

Eines allerdings sollte nicht passieren: Dass die Stadtverordneten nun eine wage Absichtserklärung beschließen, die Verwaltung die Sache prüft und eine Kostenaufstellung an die Politik zurückreicht – und es dann heißt: Oh, das wollen wir aber doch nicht bezahlen. Wie wird die CDU doch so schön einleitend zitiert: „wenn man sich das finanziell leisten kann“. Die Fraktionen müssen aufpassen, dass sie mit ihrem Hin und Her nicht den aktuell erreichten Kompromiss gefährden – und am Ende zwar die Taube auf dem Dach gesehen haben, aber keinen Spatz mehr in den Händen halten.

(Zum Sodabuckel siehe auch unsere Fotostrecke Blick hinter den Zaun.)